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TassiloSchwarz JF 1617   7Multicopter oder Drohnen, so nennt man kleine, unbemannte Flugfahrzeuge, die meist mit einer Videokamera ausgestattet sind. Heutzutage kann sie jeder kaufen und mit ihnen die Welt von oben entdecken. Doch was, wenn eine solche Drohne über Gefängnisse oder Atomkraftwerke fliegt, oder vielleicht sogar über das Weiße Haus? Was, wenn sie nicht nur zum Spaß sondern für Spionagezwecke genutzt wird, zum  Beispiel von terroristischen Organisationen? Genau dann wird es gefährlich, denn bisher gab es keine brauchbare Technologie die Drohnen in der Luft erkennen und orten kann.

Jetzt gibt es sie. Tassilo Schwarz aus Seeon hat genau ein solches Drohnen-Aufspür-System erfunden. Er ist 17 Jahre alt, besucht die 12. Klasse des Johannes-Heidenhain-Gymnasiums in Traunreut und seine Erfindung hat ihn quasi berühmt gemacht. Am vergangenen Montag gewann er den 2. Platz des europäischen „Jugend forscht“-Wettbewerbs in Brüssel, genannt „European Union Contest for Young Scientists“(EUCYS). Insgesamt wurden bei dem Wettbewerb 45 junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für ihre Projekte ausgezeichnet. Die ersten Plätze belegten Nachwuchsforscher aus Norwegen, Italien und den USA.

Um an dem europaweiten Wettbewerb teilnehmen zu dürfen, müssen die Jugendlichen zwischen 14 und 20 Jahre alt sein und vorher einen Wissenschaftspreis auf nationaler Ebene gewonnen haben. Im Mai dieses Jahres wurde Tassilo Sieger im Bundeswettbewerb „Jugend forscht.“ Er erhielt den Preis für die originellste Arbeit und qualifizierte sich damit für die Teilnahme am EUCYS.

Gemeinsam mit zwei anderen Teams der deutschen Delegation flog er deshalb letzte Woche nach Brüssel. Sein Vater fuhr mit dem Auto hinter her, im Gepäck ein paar Computer, zwei Digitalkameras, Mikrophone und viele Kabel, denn daraus besteht Tassilos Flugdrohnenabwehr. Drei Tage lang stand Tassilo an seinem eigenen Messestand und erklärte Messebesuchern, Journalisten und natürlich auch der Jury, wie seine Erfindung unerwünschte Drohnen erkennen und deren Position ermitteln kann. Das Prinzip ist folgendes: Die beiden Digitalkameras nehmen den zu überwachenden Luftraum in Stereo auf. Dringt eine Drohne in den Überwachungskorridor ein, wird sie mit Hilfe einer ausgefeilten Software ins Visier genommen und ihre Flugbahn verfolgt. Durch ein eingebautes Mikrofon ist das System sogar in der Lage, sirrende Miniflieger von vorbeifliegenden Vögeln zu unterscheiden. Auf dem Computer kann man die Drohne dann in 3D beobachten. „Ich habe in den letzten Tagen hundert Mal das gleiche erzählt“, sagt Tassilo. „Normalerweise spreche ich dort Englisch, doch einmal kam eine Schülergruppe aus Brüssel und da hab ich spontan beschlossen meinen Vortrag auf Französisch zu halten. Und es hat geklappt,“ freut sich Tassilo.

Zur offiziellen Preisverleihung am Montagabend waren nicht nur seine Eltern sondern auch Dr. Robert Anzeneder, der ehemalige Schulleiter des Johannes-Heidenhain-Gymnasiums nach Brüssel gereist. Und Tassilo erfuhr, dass er nicht nur den 2. Platz belegt, sondern obendrein den Sonderpreis des ESO (European Southern Observatory) gewonnen hatte. Eine Woche lang wird Tassilo nach Chile fahren und dort die europäische Südsternwarte besuchen. Dieses europäische Forschungsinstitut steht in der Atacama-Wüste. Dort gibt es kein Streulicht, dafür aber eine sehr niedrige Luftfeuchtigkeit und rund 360 wolkenfreie Tage im Jahr. Es herrschen also perfekte Bedingungen für astronomische Forschungen. „Ich freu mich riesig dort hin zu fahren!“, sagt Tassilo. „Wir haben in Brüssel zufällig einen Vortrag der ESO gehört und das war schon super interessant. Jetzt dort hin zufahren ist Wahnsinn!“

Nächste Woche wird der 17-jährige Chiemgauer aber erst einmal nach Berlin fahren und gemeinsam mit den anderen Preisträgern des Bundeswettbewerbs Bundeskanzlerin Angela Merkel treffen. Das Besondere: Tassilo darf als Einziger sein Drohnenabwehrsystem der Bundeskanzlerin vorstellen. Was das alles bedeutet realisiert der Nachwuchsforscher noch gar nicht.

Carlos Moedas, EU-Kommissar für Forschung, sagte in Brüssel: „Es ist ermutigend zu sehen, das Europa so viele kluge Köpfe hat, die auch entschlossen sind und die Fähigkeit haben, ihre Träume in Realität umzusetzen. Ich hoffe, in einigen Jahren viele von ihnen als Teil der nächsten Generation von Top-Wissenschaftlern zu sehen, die hart an der Lösung der vielfältigen Anforderungen arbeiten, vor denen Europa und die Welt stehen.“

Und genau das will Tassilo auch machen. Nach seinem Abitur im nächsten Jahr will er an einer amerikanischen Universität Computer Science, also Informatik und Mathematik studieren. Und genau dafür legt er vorerst auch das Preisgeld von 5000 Euro zur Seite. Auf die Frage, ob er denn glaubt später einmal viel Geld mit seiner Erfindung zu verdienen antwortet er ehrlich und bescheiden: „Ich will auf jeden Fall weiter wissenschaftlich arbeiten und immer besser werden in dem was ich tue. Ich will mehr wissen über Mathematik und darüber, was technisch alles möglich ist.“ Neugier ist für ihn der Schlüssel zum Erfolg und daran mangelt es Tassilo wirklich nicht.

Matthias Schmid, der neue Schulleiter des Johannes-Heidenhain-Gymnasiums, ist schon jetzt sehr stolz auf seinen Schüler: „Es ist wirklich beeindruckend mit welcher Bescheidenheit und Selbstverständlichkeit er an die Sache herangeht und wie viele Ideen in dem Jungen stecken.“ Bevor Tassilo Schwarz als großer Wissenschaftler durchstartet muss er sein Abitur bestehen. Darüber macht sich Schmid allerdings keine Sorgen.

Und das Beste kommt zum Schluss: Zwischen den mündlichen und dem schriftlichen Abitur wird Tassilo mit der deutschen Delegation noch schnell nach Los Angeles fliegen. Dort findet die Intel ISEF, die „Intel International Science and Engineering Fair“ statt. Rund sieben Millionen junge Forscher aus aller Welt treffen sich dort um ihre Erfindungen zu präsentieren. Und Tassilo wird dabei sein, beim weltweit größten Wettbewerb dieser Art, und er wird allen erzählen von seiner Idee Drohnen aufzuspüren.

T. Volk

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