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Vortrag Huenemörder 16   3Auf der Bühne der großen Politik geht es oft heiß zu, und ganz besonders, wenn sich das dazugehörige Theater in den Vereinigten Staaten befindet. Was sich dabei hinter den Kulissen abspielt, ist für viele US-Bürger und noch mehr für beobachtende Ausländer ein mehr oder minder großes Rätsel.

Der Lehrbeauftragte der LMU München und Amerika-Experte Markus Hünemörder hatte für Gymnasiasten der Schulen Traunreut, Traunstein, Trostberg, Ising und Stein in einem auf Englisch gehaltenen Vortrag über „Die Schlacht ums Weiße Haus“ – „the battle fort he White House“ interessante Antworten auf die nicht nur für Schüler spannende Frage parat, wie es einem Kandidaten wie Donald Trump überhaupt gelingen konnte, seine republikanischen Rivalen um das Präsidentenamt aus dem Rennen zu schlagen und wen er als Favoriten für die Wahl sieht.

Hünemörder bezeichnete die Kandidatur Trumps als m"ethod in madness", den Wahnsinn in der Methode: In jedem Wahlkampf um die Präsidentschaft habe es auf Seiten der Republikaner bisher einen Clown gegeben, der immer im Lauf des Rennens in der Versenkung verschwunden sei. Im Fall von Trump habe sich diese Falltür allerdings nicht für ihn aufgetan, sondern für alle seine innerparteilichen Gegner, so lange, bis nur noch er übrig blieb. Als eines der gewichtigsten Argumente habe dem Multimillionär dann ausgerechnet sein Reichtum geholfen. Er brüstete sich damit, keine Riesenspenden von reichen Parteigängern in Anspruch zu nehmen, was bei einem Teil der Bevölkerung offenbar gut ankam, wobei Trumps größte Anhänger unter der weißen, männlichen Arbeiterschaft zu finden seien. Bei dieser Klientel punkte er besonders gut mit seinen Parolen gegen illegale Immigranten – rund elf Millionen Menschen in den USA haben keine Aufenthaltsberechtigung, und die wolle Trump alle aus dem Land schaffen.

Zwar sei er bisher schuldig geblieben, wie er das überhaupt anstellen wolle, so Hünemörder, doch bei vielen, vor allem einfachen Arbeiter, die um ihre Jobs fürchten, ziehe der Slogan vom „Ausländer raus“. Damit die unwillkommenen Gäste, die hauptsächlich aus den südlichen Nachbarländern heimlich in die USA einreisen, in Zukunft schön da bleiben, wo sie Trumps Ansicht nach hingehören, will der New Yorker neben einer Mammut-Deportation eine Mauer zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko errichten, die dann aber 3000 Kilometer lang sein müsste, was amerikanische Kabarettisten schon zu einer Szene verarbeitet haben, in der Trump eine Botschaft richtet an das Reich der Mitte, dass er allen Chinesen noch zeigen werde, wie eine anständige Mauer aussehe. Seine tatsächlichen politischen Positionen sind dagegen laut Hünemörder so wenig republikanisch, dass er gar nicht zum eigentlichen "Mainstream" in der Partei passe. Trump will unter anderem am Sozial- und Gesundheitsprogramm Obamas festhalten und Themen wie Abtreibung und gleich-geschlechtliche Ehen, die vor allem in den erzkonservativen Kreisen der Tea-Party-Bewegung große Aufreger sind, kratzten Trump überhaupt nicht.

Dass sich Hillary Clinton auf der Gegenseite bei der Wählergunst lange nicht deutlicher gegenüber Trump, der praktisch keinen Fettnapf auslässt, absetzen konnte, liegt für Hünemörder an ihrer außergewöhnlich langen politischen Karriere. "Hillary hat praktisch schon jedes denkbare Amt innegehabt, oder sich zumindest darum beworben." Das mache sie in den Augen der Wähler zum Sinnbild des Establishments, das nicht in der Lage sei, für die Wähler positive Veränderungen herbeizuführen. Darüber hinaus fehle es Hillary Clinton, anders als ihrem Mann Bill, an persönlichem Charisma. "Hillary ist ein Politik-Nerd, der sich zwar fachlich gut auskennt", aber sie kann nicht wie zum Beispiel ein Barack Obama mit ihren Reden begeistern. Ein Vorteil sei ihr allerdings nicht abzusprechen: „" ist eine Frau, und sie ist nicht Trump."

Letzterer habe sich vor allem mit seinen rassistischen und sexistischen Äußerungen, wie er sie in einem erst vor wenigen Tagen an die Öffentlichkeit gelangten Video von sich gibt, mehr und mehr selbst disqualifiziert. In diesem Film, der ein 2005 auf einer Busfahrt geführtes Gespräch zwischen Trump und einem bekannten Fernsehmoderator wiedergibt, brüstet sich der 70-Jährige auf obszöne Art und Weise unter anderem damit, dass es ihm seine Berühmtheit erlaube, Frauen einfach zwischen die Beine zu fassen. Diese Aussagen hätten dazu geführt, dass sich selbst die eigene Parteispitze endgültig von ihrem Kandidaten abwende – und damit Hillary Clinton in die Hände spiele, die zwar auch ihre Leichen im Keller habe, wie etwa die Benutzung eines privaten Emailservers in ihrer Zeit als Außenministerin, was nicht nur ein großes Sicherheitsrisiko gewesen sei, sondern Clinton auch ermöglichte, 30 000 Emails zu löschen, obwohl sie diese laut Gesetz für die Nachwelt hätte archivieren müssen. Darüber hinaus klebten auch die Affären ihres Mannes aus dessen Zeit im Weißen Haus noch wie Kaugummi an Hillary, auch wenn das mit ihrer eigenen Kandidatur eigentlich gar nichts zu tun habe. Dennoch schätzt Hünemörder, dass Trump inzwischen kaum noch eine Chance habe, gegen Clinton zu bestehen, wobei selbst der ehemalige US-Präsident und Republikaner Georg Bush Senior ganz offen erklärt habe, dass er für Hillary stimmen werde.

S. Mittermaier

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